Er schlug die erste seite auf

Für mich war es ein ganz besonderer Moment. Bei meinem Daddy im Arbeitszimmer, an seinem Schreibtisch, er und ich. Eine kleine Tischleuchte tauchte den Raum in ein warmes Licht. Er griff nach einem Notizbuch. Schlicht, blau-graues Cover, karierte Seiten. Noch unbenutzt. Er schlug die erste Seite auf und malte ein großes “A” auf die Zeilen. A wie Anata. 

Dann bekam ich den Stift und durfte es selbst einmal probieren. Ich war so unfassbar stolz. Ich durfte schreiben lernen! So wie die Erwachsenen und die Schulkinder. Ich wollte so gern ein Schulkind sein. Ich wollte so gern lesen und schreiben können. Nun war es endlich so weit und ich durfte die Erfahrung sogar mit meinem Vater machen, den ich so sehr bewunderte. 

A wie Anfang. Schreiben zu lernen war für mich wie Zauberei. Die Faszination für Buchstaben und Worte erstreckte sich vom ABC über antike Schriften bis hin zu frei erfundenen Geheimsprachen. In der Grundschulzeit interessierte ich mich für die Hieroglyphen der alten Ägypter, für die lateinische Sprache und die römische Schrift. Ich liebte es, Asterix-Comics zu lesen und ich wollte unbedingt einmal zu den Pyramiden von Gizeh reisen. Ich überlegte mir eigene Buchstaben und schrieb Briefe in meinen Geheimschriften an all die lieben Menschen in meinem Leben. 

Ja, ich war schon ziemlich introvertiert. Aber diese Welt bot mir Schutz vor den Kindern, die mich für meine dunkle Hautfarbe und meinen seltsamen Vornamen auslachten. 

Heute hat sich das geändert. Ich habe mich geändert. 

Was geblieben ist, ist meine Faszination für Sprachen und für Schrift. Wer genau hinschaut, sieht das auch in meiner Kunst. Jedes meiner Werke ist eine Komposition aus zahlreichen Schichten, die aufgetragen und wieder freigelegt werden. Das geschriebene Wort ist dabei immer eine Komponente, die mir besonders viel bedeutet.

Mit Schrift und Worten kann ich meiner Arbeit Sinn und Leben einhauchen. Dabei lasse ich mich ganz von meiner Intuition leiten. Positive Affirmationen, inspirierende Impulse, kraftvolle Gebete sowie hoffnungsvolle Gedanken fließen in meine Werke ein und machen sie für mich lebendig. 

Selbst die frei erfundenen Symbole, an denen ich in meiner Kindheit so viel Freude hatte, tauchen in meinen Arbeiten immer wieder auf. Offen gestanden, habe ich überhaupt keine Ahnung, welchen Sinn das ergibt. Aber es muss ja auch nicht immer alles Sinn machen. Es muss Spaß machen. Das Leben darf Spaß machen. Es darf leicht sein!

Haben wir das vergessen? Weil wir als Kind immmer gehorchen mussten und zu funktionieren hatten? Weil unsere Kindheit geprägt war von Wenn-du-jetzt-nicht-dann-Momenten? Von Bestrafung und Konsequenz anstelle von der liebevollen Begleitung und Empathie, die wir gebraucht hätten. Und weil wir sie als Kind nicht bekommen haben, können wir sie uns heute selbst nicht schenken. Dabei sind wir gut, so wie wir sind.

Du bist gut, so wie du bist!

Meine Arbeit erinnert dich daran, dieses kleine Kind in dir, das immernoch da ist, zu umarmen. Ja, du darfst dich um dich selbst kümmern. 

Finde Trost in dem Wissen, dass jeder Mensch jederzeit sein Allerbestes gibt. Auch deine Eltern haben ihr Bestes getan. Es war vielleicht nicht dein “Richtig” und schon gar nicht das, was du gebraucht hättest. Aber sie wussten und konnten es selbst nicht besser. Und sie haben es aus Liebe getan. Weil sie selbst es noch ganz anders und viel schlimmer erlebt hatten.

Finde Heilung in dem Wissen, dass du dich Tag für Tag weiterentwickelst. Dass die Fehler dafür da sind, um zu lernen und zu wachsen. Dass Hinfallen eine Einladung zum Aufstehen ist. Dass das Leben ein Ausprobieren ist. Jeden Tag. 

Wir wissen alle nicht, wie es geht. Wir finden es gemeinsam heraus. Mit jedem Schritt, den wir gehen. 

Und darin liegt die Magie!

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